Serie Rezeptur: Nystatin

Das Antimykotikum wird gegen Candidosen von Haut und Schleimhaut eingesetzt. Wie beim Aminoglykosid Gentamicinsulfat auch, wird der gewünschte Gehalt oft in Internationalen Einheiten vom Arzt rezeptiert.

von Stefanie Fastnacht
30.10.2024

Endkontrolle bei der Rezeptur
© Foto: Sarah Siegler
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  • Nystatin ist ein Antimykotikum und wirkt vor allem gegen Hefepilzinfektionen (Candidosen) der Haut und Schleimhaut.
  • Nystatin wird in Gramm, aber auch als Aktivität in Internationalen Einheiten (I.E.) rezeptiert.
  • Sind I.E. verordnet, müssen diese für die Einwaage in der Rezeptur in die entsprechenden Wirkstoffmengen in Gramm umgerechnet werden.
  • Nystatin ist licht- und oxidationsempfindlich sowie hygros- kopisch. In halbfesten Zubereitungen liegt Nystatin suspendiert vor.
  • Der Wirkstoff neigt zur Agglomeratbildung und muss in Suspensionszubereitungen mit der Grundlage selbst oder Glycerol angerieben werden, um eine homogene Verteilung zu erzielen.

Nystatin ist ein nicht ionisches Antimykotikum. Es ist Mittel der ersten Wahl bei oberflächlichen Hefepilzinfektionen (Candidosen) der Haut und Schleimhaut. Die pulverförmige Substanz riecht schwach nach Getreide und hat eine gelbe bis bräunliche Farbe. Dermal und vaginal wird Nystatin in Konzentrationen von fünf bis zehn Millionen Internationalen Einheiten (I.E.) pro 100 Gramm eingesetzt (1 – 2 %). Oral werden 0,5 Millionen I.E. je Einmaldosis bis zu dreimal am Tag verabreicht.

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Der rezeptierbare pH-Bereich der Substanz liegt bei pH 5 – 7. Zu beachten ist, dass Nystatin photoinstabil, oxidationsempfindlich und hygroskopisch ist, weshalb es dicht verschlossen und vor Licht geschützt gelagert werden sollte. Laut Europäischem Arzneibuch muss Nystatin, anders als früher, nicht mehr im Kühlschrank aufbewahrt werden. Da die Literatur dazu widersprüchlich ist, empfiehlt es sich, den Wirkstoff so zu lagern, wie die jeweilige Bezugsfirma es auf ihren Prüfzertifikaten vorgibt.

Problemanalyse

Der Gehalt von Nystatin wird oft als Aktivität in I.E. angegeben. Es bestehen substanzspezifische Inkompatibilitäten von Nystatin gegenüber Alkalien, Säuren und Oxidationsmitteln. Halbfeste Zubereitungen mit Nystatin sind als Suspension herzustellen.

Internationale Einheiten-- Nystatin gehört wie Gentamicinsulfat zu den Wirkstoffen, deren Gehalt in Milligramm oder Gramm und auch als Aktivität in I.E. angegeben wird. Für die Einwaage in der Rezeptur müssen die I.E. in entsprechende Wirkstoffmengen umgerechnet werden. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass der Wassergehalt von Nystatin chargenabhängig schwankt und eine Einwaagekorrektur erforderlich macht.

Suspensionszubereitung-- Um eine homogene und stabile Wirkstoffverteilung in halbfesten Grundlagen zu erzielen, sollte mikronisiertes Nystatin verwendet werden. Zu berücksichtigen ist, dass dieses zur Agglomeratbildung neigt.

Inkompatibilitäten-- Nystatin reagiert auf Licht, Sauerstoff, Wärme und Schwermetalle (z. B. Zink) mit Zersetzung und Aktivitätsverlusten. Außerdem gibt es Inkompatibilitäten zwischen Nystatin und verschiedenen Wirk- und Hilfsstoffen. So kann es zum Beispiel in wasserhaltigen Cremes nicht zusammen mit Erythromycin verarbeitet werden, da sich die pH-Optima von Nystatin (pH 5 – 7) und Erythromycin (7 – 10 in Suspensionen, 8 – 9 in Lösungen) zu stark unterscheiden.

Die Rezeptur

Nystatin in Unguentum Cordes

Nystatin 100.000 I.E./g
Gereinigtes Wasser 30 g
Unguentum Cordes ad 100 g

Dos.: 2 x tgl. auf die betroffenen Stellen auftragen

Lösungsansätze

Im Folgenden geben wir Tipps für die Verarbeitung von Nystatin und zeigen beispielhaft die Herstellung einer Rezeptur mit dem Wirkstoff.

Internationale Einheiten

Hat der Arzt Nystatin in I.E. dosiert, kann die tatsächlich benötigte Einwaagemenge unter Einbeziehung der Aktivität und des Einwaagekorrekturfaktors einfach mit der Excel-Wirkstoffdatenbank des DAC/NRF online berechnet werden. In die Rechenhilfe ist ein rot gefärbtes Tabellenblatt für Wirkstoffe integriert, deren Gehalt in I.E. angegeben wird. Zur Berechnung müssen der auf dem Prüfzertifikat hinterlegte Wert für die Aktivität sowie der Wassergehalt beziehungsweise der Trocknungsverlust eingetragen werden. Die benötigte Menge Nystatin in Gramm kann dann direkt abgelesen werden.

Etwas aufwendiger ist die Berechnung ohne die Excel-Wirkstoffdatenbank. Anbei ein Beispiel: Der Arzt hat 100 Gramm einer Rezeptur mit 10.000.000 I.E. Nystatin pro Gramm verordnet. Das von der Apotheke bezogene Nystatin hat laut Prüfzertifikat eine Aktivität von 6292 I.E. pro Milligramm und einen Trocknungsverlust von 4,2 Prozent. Für die Berechnung der tatsächlich einzuwiegenden Menge an Nystatin in Gramm wird der Trocknungsverlust von den auf dem Etikett angegebenen I.E. abgezogen (6292 I.E. minus 4,2 % = 6028 I.E./mg). Anschließend setzt man diesen Wert mit dem gewünschten Wert für die anzufertigende Rezeptur gleich:

Rezeptur IE Gramm

Für 100 Gramm der Rezeptur müssen also 1,6589 Gramm Nystatin eingewogen werden.

Suspensionszubereitung

Um Nystatin homogen in halbfesten Zubereitungen verteilen zu können, sollte es mikronisiert vorliegen. Leider neigen die einzelnen Nystatinpartikel dazu, sich mit anderen zu größeren Pulvernestern zusammenzulagern (Agglommeration). Um dem vorzubeugen, wird das Anreiben mit einem geeigneten Anreibemittel empfohlen. Idealerweise ist dieses bereits Bestandteil der Rezeptur, etwa Glycerol 85 Prozent. Es kann aber auch die verordnete Grundlage zum Anreiben verwendet werden. Bei der Herstellung in der Fantaschale empfiehlt es sich, sofern nicht anders empfohlen, Pulvermengen bis 0,1 Gramm mit der zehnfachen Menge an Anreibemittel unter häufigem Abschaben anzureiben.

Bei Pulvermengen über 0,1 Gramm wird die insgesamt vierfache Menge in zwei Anteilen zum Anreiben eingesetzt. Sind keine Agglomerate mehr sichtbar, kommt Grundlage (10 % des Gesamtansatzes) dazu. Danach folgt die restliche Grundlage unter häufigem Abschaben. Wer mit einem elektrischen Rührsystem arbeitet, muss beim Anreiben die herstellerspezifischen Angaben beachten.

Inkompatibilitäten

Ist Nystatin mit der verordneten Grundlage und den darin enthaltenen Hilfsstoffen sowie weiteren rezeptierten Wirkstoffen nicht kompatibel, müssen zwei getrennte Rezepturen hergestellt werden. Damit Nystatin und weitere verordnete Arzneistoffe ihre volle Wirkung entfalten, sollten sie immer in ihrem pH-Optimum und am besten in standardisierten Rezepturen verarbeitet werden.

Video: Nystatin in der Rezeptur

Praxisbeispiel

Herr Thomas Peters* betritt die Hohenzollern-Apotheke und überreicht PTA Sarah Siegler ein Rezept. Der junge Mann ist Sportler und erzählt, dass seine Haut durch das viele Duschen stark ausgetrocknet ist. Außerdem hat er sich in der Leistengegend eine Infektion mit einem Hefepilz zugezogen. Die PTA liest sich die Rezeptur durch. Sie setzt sich aus 100.000 I.E./g Nystatin, gereinigtem Wasser und Unguentum Cordes zusammen. Da Sarah Siegler aus dem Kopf weiß, dass alle Ausgangssubstanzen in der Apotheke vorrätig sind, sagt sie Herrn Peters die Herstellung der Rezeptur bis zum nächsten Abend zu.

Plausibilitätscheck/Herstellungsanweisung

Nachdem der Kunde die Apotheke verlassen hat, macht sich Sarah Siegler an die Plausibilitätsprüfung der Rezeptur. Sie loggt sich online in das NRF ein, dort findet sie die verordnete Rezeptur im Rezepturenfinder. Nähere Infos zur Herstellungstechnik fehlen aber. Deshalb geht sie auf die Website des Grundlagenherstellers, wo sie im DocCheck-geschützten Bereich unter Folia Ichthyolica die Verordnung von Herrn Peters entdeckt. Diese ist vom Hersteller bereits auf Plausibilität geprüft. Eine Herstellungsanweisung ist ebenfalls hinterlegt.

Üblicherweise liegt die therapeutische Konzentration von Nystatin gegen Candidosen zwischen fünf bis zehn Millionen I.E. pro 100 Gramm. Somit fällt die für Herrn Peters rezeptierte Konzentration von zehn Millionen I.E.pro 100 Gramm Nystatin in den Normbereich und ist unbedenklich, überlegt die PTA. Die Grundlage Unguentum Cordes ist mit Nystatin kompatibel und eignet sich gut für die trockene Haut des Kunden. Sarah Siegler stuft die Rezeptur als plausibel und herstellbar ein.

Herstellungsanweisung-- Bei der Erstellung orientiert sich die PTA an den Angaben auf der Website des Grundlagenherstellers. Sie legt fest, dass die Rezeptur in der Fantaschale hergestellt wird. Die Haltbarkeit der Formulierung legt sie auf acht Wochen fest. Da Nystatin lichtempfindlich ist, wählt sie eine Spenderdose als Verpackung aus, diese schützt den Wirkstoff ausreichend. Alternativ ist eine Aluminiumtube möglich.

Herstellung

Sarah Siegler lässt sich die Herstellungsanweisung von ihrer Chefin unterschreiben. Danach geht sie ins Labor und zieht ihre Schutzkleidung an. Anschließend reinigt und desinfiziert sie Arbeitsfläche und Arbeitsutensilien mit Isopropanol 70 Prozent (V/V) und stellt alles bereit.

Wiegen

Im ersten Schritt wiegt sie Unguentum Cordes in einer mit Pistill tarierten Fantaschale ab und erwärmt die Grundlage in dem Wasserbad auf circa 70 Grad Celsius. Danach wiegt sie das gereinigte Wasser in ein mit Glasstab austariertes Becherglas und erwärmt dieses ebenfalls auf etwa 70 Grad Celsius.

Grundlage kalt rühren

Das erwärmte, gereinigte Wasser arbeitet sie im Anschluss in Unguentum Cordes ein und rührt den Ansatz, bis er kalt ist. Zum Schluss gleicht sie Verdunstungsverluste mit gereinigtem Wasser aus.

Nystatin verarbeiten

Als nächstes berechnet die PTA die tatsächlich einzuwiegende Menge Nystatin mithilfe des NRF Tools und wiegt die erforderliche Menge auf der Analysenwaage ab. Dann tariert sie eine weitere Fantaschale aus und gibt das Nystatin hinein. Dieses reibt sie bei Raumtemperatur mit etwa der zwei- bis fünffachen Menge des Grundlagenansatzes an. Zu diesem Nystatin-Wirkstoffkonzentrat gibt sie portionsweise und unter häufigem Abschaben die restliche Menge an Grundlage.

Zum Schluss entnimmt sie eine kleine Menge der Formulierung mit einem desinfizierten Spatel und streicht sie auf einer Glasplatte homogen aus. Sie ist zufrieden, dass keine Nystatin-Agglomerate mehr zu erkennen sind und die Creme homogen hellgelb aussieht.

Abfüllen und etikettieren

Sarah Siegler füllt die fertige Rezeptur in eine Drehdosierkruke. Sie etikettiert vorschriftsmäßig nach Paragraf 14 der Apothekenbetriebsordnung. Die Bestandteile der Grundlage weist sie dabei separat aus.

Abgabe

Als Herr Peters zur Abholung in die Apotheke kommt, erklärt sie ihm Dosierung und Anwendung der Creme. Gegen seine trockene Haut empfiehlt sie ihm außerdem ein rückfettendes Duschgel und eine Feuchtigkeitspflege.

*Name von der Redaktion geändert. Die im Beitrag genannten Produkte werden,sofern es Alternativen gibt, beispielhaft genannt.

Dr. Stefan Bär unterstützt die Redaktion bei der Serie fachlich. Die Rezeptur ist sein Spezialgebiet. Er setzt sich dafür unter anderem als Mitglied der Fachgruppe „Magistrale Rezeptur“ der GD Gesellschaft für Dermopharmazie und als Betreuer zweier Rezepturhilfehotlines ein.

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