Süßstoffe: Kontrovers diskutiert

Auf der Suche nach kalorienfreien Alternativen zu Zucker greifen viele zu Süßstoffen. Trotz der Vorteile gibt es immer wieder Diskussionen, ob sie die Gesundheit nicht doch schädigen. Belege dazu fehlen.

von Beate Ebbers
29.11.2024

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© Foto: [M] Oranee / Generated with AI / stock.adobe.com
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  • Süßstoffe besitzen eine hohe Süßkraft, sind praktisch kalorienfrei, nicht kariogen und ohne Einfluss auf den Blutzuckerspiegel.
  • Nur bei gesundheitlicher Unbedenklichkeit erhalten sie eine Zulassung als Tafelsüße und für den Einsatz in Lebensmitteln.
  • Um ein Restrisiko auszuschließen, gibt es akzeptable tägliche Aufnahmemengen (ADI) für den Verzehr und gelten Höchstmengen in Lebensmitteln.
  • Für eine aussagekräftige Risikobewertung sind weitere Studien notwendig.
  • In der Diabetes- oder Adipositastherapie sind sie nur bedingt sinnvoll.

Süßstoffe sind natürliche oder synthetische Verbindungen mit hoher Süßkraft. Im Unterschied zu Haushaltszucker und anderen Zuckern (z. B. Glukose) sind sie praktisch kalorienfrei, nicht kariogen und ohne Wirkung auf den Blutzuckerspiegel. Die meisten Verbraucher kennen sie als Tafelsüße, beispielsweise dosiert als Tabletten oder als Flüssigsüße. Daneben finden sie sich in energiereduzierten oder in ohne Zuckerzusatz hergestellten Lebensmitteln (z. B. Light-Limonade, Cola-Zero).

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Süßstoffe müssen vor dem Einsatz in Lebensmitteln ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Nur wenn die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) sie als gesundheitlich unbedenklich und technologisch notwendig einstuft, erhalten sie eine Zulassung und eine E-Nummer. Derzeit sind in der Europäischen Union zwölf Süßstoffe zugelassen.

Kennzeichnung

Ist ein Lebensmittel damit gesüßt, erkennt der Verbraucher dies an der Bezeichnung „mit Süßungsmittel“ in der Nähe des Produktnamens auf dem Etikett. Zusätzlich ist der eingesetzte Süßstoff im Zutatenverzeichnis mit dem Klassennamen (Süßungsmittel) und seiner genauen Bezeichnung oder E-Nummer aufgeführt, beispielsweise „Süßungsmittel: Saccharin“ oder „Süßungsmittel: E 954“.

Bei unverpackter Ware, etwa beim Bäcker oder im Café, müssen Süßstoffe in der Preisliste, der Speisekarte oder in anderer schriftlicher Form kenntlich gemacht werden. Hier reicht die Angabe des Klassennamens.

Bei Produkten mit den phenylalaninhaltigen Süßstoffen Aspartam oder Aspartam-Acesulfam-Salz muss zusätzlich auf der Verpackung der Warnhinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ aufgeführt werden. Dieser ist wichtig für Menschen, die unter der angeborenen Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie leiden und sich phenylalaninarm ernähren müssen.

Häufig eingesetzte Süßstoffe in Lebensmitteln

Süßstoff

E-Nummer

Relative Süßkraft (Haushaltszucker = 1)

ADI (mg/kg KG/d)

Besonderheit

Acesulfam K

E 950

130 – 200

9

hitze-, lagerbeständig, bitterer Geschmack

Aspartam

E 951

200

40

Phenylalaninquelle

Cyclamat

E 952

30 – 50

7

hitzestabil

Saccharin

E 954

300 – 500

5

metallischer, bitterer Beigeschmack

Sucralose

E 955

600

15

nicht hitzebeständig bei >120 °C

Lebensmittel

Süßstoffe sind bis zu 37.000-mal süßer als Haushaltszucker. Sie werden Lebensmitteln daher nur im Milligrammbereich zugesetzt. Nach der europäischen Süßungsmittelrichtlinie ist ihr Einsatz nur für bestimmte Produktgruppen erlaubt. Dazu zählen beispielsweise Erfrischungsgetränke, Kaugummi, Bonbons, Konfitüren, Obst- und süß-saure Konserven, Saucen und Nahrungsergänzungsmittel.

Nicht jeder Süßstoff eignet sich für alle Einsatzbereiche gleichermaßen. Beispielsweise dürfen Sucralose und Aspartam nicht über 120 Grad Celsius beziehungsweise 150 Grad Celsius erhitzt werden und sind daher zum Beispiel nicht für Konserven geeignet.

Zudem schmecken Süßstoffe in reiner Form nicht immer angenehm. Typisch für Steviolglykoside aus Stevia ist zum Beispiel ein bitterer Beigeschmack. Einzelne Süßstoffe werden daher häufig kombiniert mit anderen eingesetzt. Für Säuglings- und Kleinkindnahrung sowie für Bio-Lebensmittel sind sie nicht zugelassen.

Sicherheit

Süßstoffe müssen gesundheitlich unbedenklich sein. Um ein Restrisiko auszuschließen, gilt für jeden Süßstoff eine akzeptable tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI). Diese wird in Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag angegeben (mg/kg KG/d) und ist Grundlage für die Berechnung von Höchstmengen in Lebensmitteln (mg/kg LM). Beide Werte stellen sicher, dass bei üblichen Verzehrgewohnheiten ein Süßstoff täglich und ein Leben lang aufgenommen werden kann, ohne dass es zu Gesundheitsschäden kommt.

Sicherheitsspannen gewährleisten, dass auch bei einer gelegentlichen Überschreitung eine Gefährdung ausgeschlossen ist. Ein Beispiel: Cola-Zero hat einen Aspartamgehalt von circa 120 Milligramm pro Liter. Ein Mensch mit einem Körpergewicht von 70 Kilogramm müsste davon täglich 23,3 Liter trinken, um den gerade noch als unbedenklich geltenden ADI-Wert für Aspartam (40 mg/kg KG/d, entspricht bei 70 kg 2.800 mg/d) zu erreichen.

Grafik: Hier versteckt sich Aspartam

Produkte mit Aspartam oder Aspartam-Acesulfam-Salz müssen mit „enthält eine Phenylalaninquelle“ gekennzeichnet werden.
© Foto: Grafik: DAS PTA MAGAZIN / Illustration: Mone Beeck

In der Diskussion

Regelmäßig werden Studien veröffentlicht, die auf ein mögliches Gesundheitsrisiko durch Süßstoffe hindeuten. Dabei steht auch der ADI-Wert in der Kritik.

Diabetes und Übergewicht

Mit Süßstoffen gesüßte Lebensmittel können eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht oder die Blutzuckerkontrolle bei Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 erleichtern, jedoch nicht ersetzen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weist die Mehrheit der Studien darauf hin, dass Süßstoffe nur dann eine Gewichtsabnahme unterstützen, wenn ihr Verzehr mit einer kalorienreduzierten Kost und einer Verhaltensänderung einhergeht. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfiehlt Typ-1- und Typ-2-Diabetikern süßstoffhaltige Produkte nur dann, wenn sie gelegentlich im Rahmen einer diabetesgerechten Kost und medikamentösen Therapie eingesetzt werden. Die WHO rät in ihrer 2023 veröffentlichten Süßstoffleitlinie sogar ganz von Süßstoffen ab. Es gebe zwar Hinweise, dass sie kurzfristig beim Abnehmen oder Gewichthalten helfen können. Langfristig steige aber das Risiko für Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2.

Krebs

Schon seit langem stehen Süßstoffe in Verdacht, Krebs auszulösen. Im letzten Jahr hat die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Der Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe der WHO hat daher im gleichen Jahr den Süßstoff unter Berücksichtigung der in der Realität aufgenommenen Mengen erneut bewertet. Danach besteht kein erhöhtes Krebsrisiko, solange die Höchstmengen in Lebensmitteln beachtet werden und nicht mehr als der ADI-Wert aufgenommen wird.

Blutzuckeranstieg

Israelische Forscher wiesen 2022 in einer Studie nach, dass Aspartam, Sucralose, Steviolglykoside aus Stevia und Saccharin die Zusammensetzung des Darmmikrobioms verändern. Bei Saccharin und Sucralose beobachteten sie zusätzlich einen Anstieg der Blutzuckerwerte.

Das BfR hat 2023 die häufigsten Süßstoffe (Sucralose, Saccharin, Acesulfam K, Aspartam, Cyclamat) unter Einbeziehung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse bewertet. Die meisten Studien konnten keine negativen Effekte auf Blutzucker, Insulinsekretion und -sensitivität nachweisen.

Ob Süßstoffe die Zusammensetzung des Darmmikrobioms negativ beeinflussen, konnte nicht bewertet werden. Hierzu fehlen Humanstudien.

Kind isst Marmeladenbrot

7mg/kg KG/d gelten als sichere Aufnahmemenge für Cyclamat. Der synthetische Süßstoff ist etwa 35-mal süßer als Haushaltszucker. Neben kalorienreduzierten Getränken wird er unter anderem für Desserts, Brotaufstriche, Marmeladen und Obstkonserven genutzt.
© Foto: romrodinka / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Kinder

Nach derzeitigem Stand gelten Süßstoffe auch für Kinder als sicher, wenn sie sparsam unter Beachtung des ADI-Wertes verzehrt werden. Bei Getränken mit Süßstoffen besteht jedoch die Gefahr, dass Kinder aufgrund ihres geringen Körpergewichts den ADI-Wert schnell überschreiten können. Als problematisch werden insbesondere Acesulfam K, Cyclamat, Neohesperidin DC, Steviolglycoside aus Stevia und Neotam gesehen.

Bereits mit rund 0,6 Litern eines cyclamathaltigen Softdrinks (158 mg Cyclamat) überschreitet ein sechsjähriges Kind mit einem Gewicht von 23 Kilogramm zum Beispiel die sichere Aufnahmemenge pro Tag (7 mg/kg KG/d, entspricht bei 23 kg 161 mg/d).

Fazit

Süßstoffe zählen zu den am besten untersuchten und von internationalen Expertengremien wiederholt bewerteten Zusatzstoffen. Wer süßstoffhaltige Lebensmittel sparsam bis gelegentlich in üblichen Mengen verzehrt und die Hitzelabilität einiger Süßstoffe berücksichtigt, kann davon ausgehen, dass die Gesundheit nicht geschädigt wird.

Um eindeutig nachzuweisen, wie positiv oder negativ sich Süßstoffe auf die Gesundheit auswirken, sind weitere Studien notwendig. Sie sollten Kinder und Schwangere, Süßstoffe in Produkten außerhalb von Lebensmitteln (z. B. Medikamenten) und Süßstoffkombinationen einbeziehen. Denn in der Realität werden ab dem Kindesalter überwiegend Lebensmittel mit Süßstoffmischungen zu sich genommen oder es werden über den Tag verteilt unterschiedliche Lebensmittel mit verschiedenen Süßstoffen konsumiert.

Trotz der Vorteile, die Süßstoffe bieten, gilt, dass sie nicht per se gesünder sind als Haushaltszucker. Besser ist, das Verlangen nach Süßem langfristig zu senken und dazu den Zuckerkonsum nach und nach zu reduzieren oder sich möglichst schon von klein auf an weniger süße Lebensmittel zu gewöhnen.

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