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Zertifizierte Fortbildung: Analgetika

Schmerzen zählen zu den häufigen Gesundheitsproblemen, mit denen Menschen eine Apotheke aufsuchen. Welche Schmerzarten es gibt und wie sie behandelt werden, erfahren Sie in dieser zertifizierten Fortbildung.

von Christopher Waxenegger
30.04.2024

links: frau blickt nach unten, Mitte: Frau blickt neutral in die Kamera, rechts: Frau schreit vor Schmerzen
© Foto: My Ocean studio / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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  • Schmerzen können nozizeptiv, neuropathisch oder noziplastisch sein, mit verschiedenen Behandlungsansätzen.
  • Akute Schmerzen dienen als Warnsignal, chronische haben diese Funktion verloren.
  • Die Wahl des Analgetikums sollte auf der Schmerzart, -dauer und -ätiologie basieren. Das WHO-Stufenschema teilt Analgetika nach ihrer Wirkstärke ein.
  • Für die Selbstmedikation sind Paracetamol, Phenazon, ASS, Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac, Butylscopolamin, Sumatriptan, Almotriptan und Naratriptan verfügbar.
  • Unterschiedliche Darreichungsformen erlauben eine patientenindividuelle Therapie.

Die internationale Schmerzgesellschaft (IASP) definiert Schmerz als „eine unangenehme sensible und emotionale Erfahrung, verbunden mit einem tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschaden“.

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Beispiel: Sicher haben Sie sich schon einmal den kleinen Zeh an der Tür oder einem Möbelstück angeschlagen. Oder die Hand auf der Herdplatte verbrannt. Erinnern Sie sich, wie weh das getan hat? Die sensible Erfahrung entspricht dem Schmerz, den Sie dabei fühlten. Auch die Schmerzstärke – beim kleinen Zeh sicher 11 auf einer Skala von 0 bis 10 – fällt darunter. Die emotionale Erfahrung beinhaltet das negativ behaftete Gefühlserlebnis, das Ihnen soeben in Erinnerung gerufen wurde. Beide Aspekte sind beim Erleben von Schmerz untrennbar miteinander verbunden.

Lernziele

Nach Lektüre dieser Lerneinheit wissen Sie, ...

  • welche die grundlegenden Konzepte von Schmerz sind.
  • wie sich akute von chronischen Schmerzen unterscheiden.
  • was das WHO-Stufenschema beinhaltet.
  • wie Analgetika wirken.
  • welche Analgetika für die Selbstmedikation infrage kommen.
  • warum die Darreichungsform wichtig ist.

Pathophysiologie

Schmerz ist ein vielschichtiges Phänomen, das der Mensch auf körperlicher und psychischer Ebene erlebt. Schmerz ist einerseits ein lebensnotwendiges Warnsignal, das auf eine Verletzung oder drohende Gewebeschädigung oder Krankheit hinweist. Auf der anderen Seite kann er chronifizieren und seine eigentliche Signalfunktion verlieren.

Schmerzerleben wird durch das nozizeptive System vermittelt und kann im Körper eine Reihe verschiedener Abläufe auslösen. Etwa eine motorische Antwort (Fluchtreaktion: Hand von der Herdplatte wegziehen) oder eine vegetative Antwort wie Schwitzen oder Blutdruckveränderung. Im limbischen System findet die emotionale Bewertung statt; in der Großhirnrinde die Bewusstmachung, sprich der Vergleich mit früheren Erfahrungen und die Bewertung der jetzigen Situation.

Akuter versus chronischer Schmerz

Schmerzen werden oft nach ihrer Dauer beurteilt. Akute Schmerzen treten plötzlich auf und dauern nur eine begrenzte Zeit. Sie stehen in einem direkten Zusammenhang mit einem tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschaden. Der akute Schmerz hat insofern eine lebenserhaltende Alarmfunktion, als dass er Verletzungen und Krankheitsprozesse begleitet und eindeutig zuordenbar ist.

Demgegenüber bezeichnet man Schmerzen, die länger als drei Monate anhalten, als chronisch. Dies umfasst auch wiederkehrende Kopfschmerzen wie Migräne, wenn sie an mehr als 15 Tagen im Monat auftreten. Chronische Schmerzen haben für gewöhnlich keine Warnfunktion und machen das Leben der Betroffenen zur Qual. Körperliche Inaktivität und sozialer Rückzug sind ebenso häufig wie Depression und geringes Selbstwertgefühl. Einer bevölkerungsepidemiologischen Studie zufolge leiden 17 Prozent der deutschen Bevölkerung unter chronischen Schmerzen.

Grafik Teufelskreis chronischer Schmerz


© Foto: Grafik: DAS PTA MAGAZIN

Chronischer Schmerz entsteht durch eine komplexe Wechselwirkung von körperlichen Beschwerden, emotionalen Belastungen und bestimmten Verhaltensweisen.

Schmerzarten

Neben ihrer Dauer lassen sich Schmerzen auch nach ihrer Ätiologie (Herkunft) einteilen. Hier existieren mit den nozizeptiven, neuropathischen und noziplastischen Schmerzen drei große Gruppen, die nicht nur pathophysiologisch, sondern auch in ihrer medikamentösen Behandlung voneinander abweichen. Überschneiden sich mehrere Mechanismen, sprechen Mediziner von gemischten Schmerzen (Mixed pain).

Nozizeptive Schmerzen-- Nozizeptivschmerzen sind die klassischen Schmerzen nach einer Gewebeverletzung (Entzündungsschmerz). Je nach Lokalisation äußern sie sich dumpf, drückend, krampf- oder kolikartig. Sie werden durch thermische, mechanische, chemische oder körpereigene Reize verursacht, die Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) aktivieren. Diese Reize werden von Botenstoffen aus dem verletzten Gewebe übertragen, darunter auch Pros- taglandine, die von den Enzymen Cyclooxygenase 1 und 2 (COX-1 und 2) gebildet werden. Nicht steroidale antiinflammatorische Arzneistoffe (NSAId) wirken bei dieser Schmerzart sehr gut, da sie in die Prostaglandinsysnthese eingreifen.

Neuropathische Schmerzen-- Ihnen liegt eine Nervenveränderung (-läsion) zugrunde. Derartige Läsionen können durch Verletzungen entstehen, aber auch andere Ursachen haben wie schlecht eingestellten Diabetes, Gürtelrose oder langjährigen Alkoholmissbrauch. Im Gegensatz zu nozizeptiven Schmerzen entstehen neuropathische Schmerzen direkt im geschädigten Nervenbereich. Der Nervenbereich projiziert den Schmerz ins Versorgungsgebiet der Nerven. Auf diese Weise kann ein verletzter Nerv im Rücken beispielsweise in die Beine ausstrahlende Schmerzen verursachen. Neuropathische Schmerzen sprechen in der Regel schlecht auf herkömmliche Analgetika an.

Noziplastische Schmerzen-- Noziplastischer Schmerz ist die dritte mechanistische Schmerzkategorie. Er ist durch die Wahrnehmung eines Schmerzreizes ohne Nachweis einer ursächlichen Gewebeschädigung oder Erkrankung definiert. Die IASP führt dies auf eine veränderte Schmerzwahrnehmung infolge einer Modulation der Reizverarbeitung zurück.

Gemischte Schmerzen-- Gemischte Schmerzen (Mixed Pain) liegen vor, wenn nozizeptive, neuropathische und/oder noziplastische Komponenten Einfluss auf den Schmerz nehmen, wie es bei chronischen Rückenschmerzen oder Tumorschmerzen der Fall ist.

Sonderfall Migräne

Migränekopfschmerzen unterscheiden sich von Spannungskopfschmerzen dadurch, dass sie anfallsartig auftreten. Obwohl ihre Entstehung lediglich in Bruchteilen verstanden ist, dürften dabei mehrere Faktoren zusammenfallen, die eine eindeutige ätiologische Zuordnung erschweren. Diese Faktoren sind die für Migräne typische Erweiterung der Blutgefäße im Gehirn, die lokale Entzündung und die veränderte elektrische Leitfähigkeit der Nerven. Das zentrale Schmerzgeschehen wird durch Botenstoffe unterhalten. Ein Eckpfeiler der pathologischen Signalkaskade sind Serotoninrezeptoren vom Typ 5HT1. An diesen Rezeptoren greifen die Tripane an.

Schmerztherapie

Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Fachgesellschaften sprechen sich schon länger für eine Therapie, basierend auf der Art der Schmerzen, aus (= mechanismenbasierte Therapie). Um Kunden in der Apotheke optimal beraten zu können, ist es essenziell, Schmerzdauer, -intensität und -ätiologie herauszufinden, bevor man ein Analgetikum empfiehlt. Etwaige Begleiterkrankungen und Dauermedikamente nehmen ebenfalls Einfluss auf die Wahl des Analgetikums.

Frau mit Tablette und Wasserglas


© Foto: goodluz / Stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Schmerzmittel müssen in der Selbstmedikation, und nicht nur hier, individuell dosiert und indikationsgerecht eingenommen werden.

WHO-Stufenschema

Dieses unterteilt die medikamentöse Schmerztherapie in vier Stufen, wobei der analgetische Effekt mit jeder Stufe zunimmt. Das Stufenschema bietet einen Überblick, welche Medikamente sich für welche Schmerzstärke eignen, berücksichtigt jedoch nicht die Art der Schmerzen. Reichen die jeweiligen Medikamente nicht aus, um die Schmerzen der aktuellen Stufe zu lindern, wird zur nächsten übergegangen.

Stufe 1-- NSAID und nicht saure antipyretische Analgetika bilden gemeinsam die erste Stufe des WHO-Stufenschemas. Sie werden hier als nicht opioide Analgetika zusammengefasst. NSAID unterdrücken die Bildung von Prostaglandinen aus deren Vorstufe Arachidonsäure, indem sie die Enzyme COX-1 und COX-2 hemmen. Diese Entzündungsbotenstoffe sorgen dafür, dass sich die Blutgefäße erweitern und Reparaturzellen schneller zum Gewebeschaden vordringen können.

Wie Paracetamol genau wirkt, ist nach wie vor nicht im Detail bekannt. Vermutet wird die Blockade von einer zentral im Gehirn und Rückenmark vorkommenden COX-Variante (COX-3). Für Metamizol wird ein eisenabhängiger Mechanismus postuliert, der eine Abspaltung von Radikalen bewirkt. Dies zieht einen katalytischen Prozess der COX nach sich. Zudem gibt es Hinweise, wonach Metamizol mit dem endogenen Cannabinoidsystem interagiert.

Stufe 2-- Analgetika der Stufe 2 umfassen die schwach wirksamen Opioide Tramadol, Tilidin, Codein und Dihydrocodein. Sie alle binden an Opioid-Rezeptoren und unterdrücken die Weiterleitung nozizeptiver Signale. Da sich die analgetischen Effekte von Schmerzmitteln der Stufe 1 und 2 ergänzen, können sie allein oder in Kombination verwendet werden. Schwach wirksame Opioide haben zwei Besonderheiten:

Sie müssen nicht auf einem gesonderten Betäubungsmittelrezept verordnet werden (Ausnahme: unretardiertes Tilidin).

Sie haben einen Ceiling-Effekt. Das heißt, ihre Wirkung lässt sich durch Dosissteigerung nur bis zu einem gewissen Grad erhöhen. Ist dieser erreicht, wirken weitere Dosiserhöhungen nicht stärker, verursachen aber mehr Nebenwirkungen.

Stufe 3-- Stark wirksame Opioide wie Morphin, Fentanyl, Oxycodon, Hydromorphon und Buprenorphin bilden die dritte Stufe im WHO-Schema. Sie haben keinen Ceiling-Effekt, sind betäubungsmittelpflichtig und werden peroral, in transdermalen Schmerzpflastern, sublingual, intravenös oder in Schmerzpumpen appliziert. Bei ausgeprägten Schmerzen oder zu erwartender rascher Schmerzprogression können Ärzte Stufe 2 überspringen und sofort Wirkstoffe der dritten Stufe verschreiben. Stark wirksame Opioide gehen in der Langzeittherapie fast immer mit Obstipation einher, sodass sie für die Dauer der Behandlung mit Laxanzien wie Bisacodyl oder Macrogol kombiniert werden. Übelkeit und Erbrechen zu Therapiebeginn sprechen auf die Gabe von Antiemetika wie Metocloopramid an.

Stufe 4-- Patienten, bei denen die medikamentöse Analgesie an ihre Grenzen stößt oder Opioide aufgrund von Nebenwirkungen nicht weiter aufdosiert werden können, profitieren von invasiven Therapieverfahren. Darunter fallen spezielle Applikationsformen wie implantierte Pumpensysteme mit Katheter, CT-geleitete Wurzelblockaden, Rückenmarkstimulation, Radiofrequenzbehandlungen sowie Neurolysen.

Coanalgetika-- Die Wirkstoffgruppe der Coanalgetika nimmt eine Sonderstellung ein, da sie auf allen vier Stufen als Begleitmedikation eingesetzt werden kann. Coanalgetika verstärken die schmerzstillende Wirkung anderer Schmerzmittel, sind aber auch allein wirksam. Das Ansprechen variiert individuell. Beispiele für häufig verordnete Substanzen sind Amitriptylin, Gabapentin, Pregabalin und Duloxetin.

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Im Beratungsgespräch gilt es herauszufinden, ob es sich um akuten oder chronischen Schmerz handelt. Nur bei akuten Schmerzen ist eine Selbstmedikation angebracht. Dafür stehen unterschiedliche Wirkstoffe und Darreichungsformen zur Verfügung.

Rezeptfreie Wirkstoffe

Patienten können heute auf ein breites Spektrum an rezeptfreien Schmerzmitteln zurückgreifen. In Deutschland sind dies Medikamente mit den Arzneistoffen Paracetamol, Phenazon, Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac oder Piroxicam und andere (s. Abschnitt „Am HV-Tisch“). Krampfartige Beschwerden des Magen-Darm-Trakts verringert Butylscopolamin. Menschen mit diagnostizierter Migräne kann mit Triptanen geholfen werden. Beides sind keine Analgetika im klassischen Sinne. Um richtig beraten zu können, müssen PTA über die Pharmakologie der Wirkstoffe informiert sein.

Schmerzmittel wirken häufig, aber nicht immer, auch gegen Fieber.

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© Foto: noushkatoronto / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Bis zu einem Körpergewicht von 43 Kilogramm erfolgt die Dosierung von Paracetamol gewichtsadaptiert.

Paracetamol

Als Vertreter der nicht sauren antipyretischen Analgetika wirkt Paracetamol schmerzstillend und fiebersenkend (antipyretisch). Da es die periphere COX kaum beeinflusst, hat es weder eine entzündungshemmende (antiphlogistische) noch eine blutgerinnungshemmende Wirkung. Ungeachtet der generell guten Verträglichkeit wurden auch unter Paracetamol kardiovaskuläre, gastrointestinale und renale Nebenwirkungen beobachtet.

Sogar das Mortalitätsrisiko ist bei hochdosierter Dauertherapie erhöht. Die allseits gefürchtete Lebertoxizität beruht auf der unzureichenden Entgiftung eines in der Leber anfallenden Paracetamol-Metaboliten. Dieser Metabolit wird normalerweise durch Glutathion abgefangen. Mangelt es dem Körper an Glutathion (u.a. bei geriatrischen / kachektischen Patienten, Paracetamol-Überdosierung), sind schwere Leberschäden bis hin zum tödlichen Leberversagen möglich. Eine unkritische Abgabe ist aus den genannten Gründen strikt abzulehnen.

Die übliche Einzeldosis für Erwachsene und Kinder über zwölf Jahre oder über 43 Kilogramm beträgt 500 bis 1.000 Milligramm, die Tagesmaximaldosis 4.000 Milligramm. Geriatrische und kachektische Patienten sollten zur Vermeidung von Leberschäden höchstens 3.000 Milligramm pro Tag einnehmen. Bei Säuglingen und Kindern bis zu einem Gewicht von 43 Kilogramm erfolgt die Dosierung gewichtsadaptiert. Die Einzeldosis liegt hier zwischen zehn bis 15 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, drei bis vier Mal täglich. Manche Migränemittel enthalten Paracetamol, Koffein und ASS. Diese Dreifachkombination wirkt stärker als jeder Wirkstoff für sich genommen.

Indikationen-- Paracetamol eignet sich für Fieber und leichte bis moderate Schmerzen wie Kopf- und Zahnschmerzen. Es wird häufig eingesetzt bei Kindern, Schwangeren, Menschen mit empfindlichem Magen sowie Patienten mit Asthma oder entzündlichen Darmerkrankungen. Vorsicht ist geboten bei Leberproblemen und anderen lebertoxischen Medikamenten.

English for PTA

Lesen Sie ergänzend und thematisch passend zu unserer zertifizierten Fortbildung unseren englischen Beitrag „Analgesics: Various Types of Intervention“.

Phenazon

Phenazon gehört wie sein enger Verwandter Metamizol zu den nichtsauren antipyretischen Pyrazolon-Analgetika. Es ist das älteste synthetische Schmerzmittel und vermittelt analgetische und antipyretische Effekte. Ein Alleinstellungsmerkmal der Pyrazolone ist ihre spasmolytische (krampflösende) Wirkung an der glatten Muskulatur, was zum Beispiel bei krampfartigen abdominellen Beschwerden nützlich ist. Phenazon hat eine gute gastrointestinale Verträglichkeit. Kardiovaskuläre Nebenwirkungen wurden bisher nicht beschrieben, dafür Überempfindlichkeitsreaktionen und in Einzelfällen eine Schädigung von Knochenmarkszellen (Agranulozytose).

Erwachsene und Jugendliche ab 15 Jahren nehmen 500 bis 1.000 Milligramm Phenazon als Einzeldosis. Die maximale Tagesdosis sollte 4.000 Milligramm nicht überschreiten. Bei Kindern zwischen sieben und 15 Jahren betragen Einzel- bzw. Tagesmaximaldosis 250 beziehungsweise 1.250 Milligramm.

Indikationen-- Phenazon eignet sich für Fieber, leichte bis moderate Schmerzen und die akute Behandlung von Migränekopfschmerzen mit und ohne Aura.

Gleißendes Licht


© Foto: IvanJekic / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Bei Migräne mit und ohne Aura können in der Selbstmedikation aktuell die Triptane Sumatriptan, Almotriptan und Naratriptan empfohlen werden. Voraussetzung für die Eigenbehandlung ist die Erstdiagnose Migräne mit und ohne Aura durch einen Arzt.

Acetylsalicylsäure

Von allen NSAID inhibiert Acetylsalicylsäure (ASS) die Thrombozytenag- gregation am stärksten. Dies nutzt man therapeutisch, um Herzinfarkten und Schlaganfällen vorzubeugen. Lange, bevor es in der Kardiologie Karriere machte, war ASS ein beliebtes Schmerzmittel. Und auch heute noch verlangen in der Apotheke viele Kunden das „altbewährte Aspirin“, um ihre Schmerzen zu lindern. Doch ist das wirklich so klug? Vergleicht man das Nebenwirkungsprofil von ASS mit anderen NSAID, schneidet es insgesamt schlechter ab. Die Rate gastrointestinaler Begleiterscheinungen ist höher. Die Blutungsgefahr ebenso.

ASS sollte deshalb nicht vor und nach Operationen (auch zahnärztlicher Natur) verwendet werden. Bei Kindern unter zwölf Jahren ist es angesichts des Risikos für ein Reye-Syndrom (akute Enzephalopathie) kontraindiziert.

Während in der Kardiologie zehn Milligramm ASS ausreichen, benötigt es für die Schmerztherapie Einzeldosen von 500 bis 1.000 Milligramm. Die obere Grenze in der Selbstmedikation sind 3.000 Milligramm pro Tag. Da ASS erst in Mengen von zwei bis fünf Gramm antiphlogistisch wirkt, empfiehlt es sich, bei entzündlichen Schmerzen auf andere NSAID zurückzugreifen.

Indikationen-- Fieber sowie leichte bis moderate Schmerzen sind klassische Indikationen für ASS. Für Kinder unter zwölf Jahren, Menschen mit empfindlichem Magen, vor oder nach Operationen (auch zahnärztlicher Natur) ist der Wirkstoff nicht geeignet. Vorsicht ist ebenfalls geboten bei Patienten mit Asthma oder entzündlichen Darmerkrankungen.

Ibuprofen

Ibuprofen zeichnet sich durch eine antiphlogistische und analgetische Wirksamkeit bei niedriger Nebenwirkungsrate aus. Seine gastrointestinale Verträglichkeit ist besser als jene von ASS; hinsichtlich der Blutgerinnung verhält es sich neutral. Das in einigen Schmerzmitteln enthaltene Lysin-Salz löst sich im Magen schneller auf als die Muttersubstanz. Das ist dann relevant, wenn ein rascher Wirkeintritt gewünscht ist, etwa bei akuten Migränekopfschmerzen.

Eine Einzeldosis für Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren beträgt 200 bis 400 Milligramm. Für die Selbstmedikation wurde eine tägliche Höchstmenge von 1.200 Milligramm festgelegt. Bei jüngeren Patienten richtet man sich nach dem Körpergewicht, wobei eine Einzeldosis von sieben bis zehn Milligramm pro Kilogramm in drei Einzelgaben pro Tag ein guter Anhaltspunkt ist.

Indikationen-- Dazu gehören Fieber, leichte bis moderate entzündliche Schmerzen des Gelenk- und Muskelapparats, Zahn-, Regel- und Kopfschmerzen. Ibuprofen gilt als Schmerzmittel der Wahl in der Stillzeit. Bei Asthma oder entzündlichen Darmerkrankungen ist Vorsicht geboten. Patienten, die niedrigdosiertes ASS zur kardiovaskulären Prophylaxe einnehmen, sollten auf Ibuprofen verzichten. Es besetzt die Bindungsstelle von ASS in der COX-1 und verhindert, dass ASS die Thrombozytenaggregation inhibiert.

Naproxen

Von allen NSAID verhält sich Naproxen als einziges kardiovaskulär neutral. In Studien blieb die Herzinfarkt- und Schlaganfallrate unverändert. Infolge der langen Halbwertszeit treten aber mehr gastrointestinale Komplikationen als unter Ibuprofen und Diclofenac auf. Dies sollte man bei den therapeutischen Überlegungen berücksichtigen.

Die Tageshöchstdosis für Erwachsene und Kinder ab dem vollendeten zwölften Lebensjahr liegt in der Selbstmedikation bei 750 Milligramm. Bei Kindern unter zwölf Jahren ist Naproxen kontraindiziert.

Indikationen-- Fieber, leichte bis moderate entzündliche Schmerzen des Gelenk- und Muskelapparats, Zahn- und Kopfschmerzen gehören dazu. Wie Ibuprofen sollte auch Naproxen nicht gemeinsam mit ASS eingenommen werden. Vorsicht bei Patienten mit Asthma oder entzündlichen Darmerkrankungen.

Salbentube im Vordergrund


© Foto: Natali / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Alle topischen NSAR wirken ausschließlich dort, wo sie aufgetragen werden und nicht im gesamten Organismus, was sich positiv auf das Nebenwirkungsprofil auswirkt.

Diclofenac

Diclofenac fungiert als Referenzsubstanz für NSAID. Es ist vor allem antiphlogistisch beziehungsweise antirheumatisch wirksam, da eine Anreicherung im sauren Entzündungsgewebe stattfindet. Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt sind seltener als bei anderen NSAID, das kardiovaskuläre Risiko ist allerdings höher. Grund ist der, dass Diclofenac die COX-2 tendenziell stärker hemmt als die COX-1. Außerdem kann der Wirkstoff bei empfindlicher Haut gegen Sonnenlicht sensibilisieren. Angesichts dessen ist bei oralen Diclofenac-Zubereitungen eine Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich.

Orale, niedrigdosierte Darreichungsformen in Einzeldosen von 12,5 und 25 Milligramm wurden vor einigen Jahren aus der Rezeptpflicht entlassen. Die Tagesmaximaldosis beträgt 75 Milligramm. In der Selbstmedikation ist Diclofenac erst ab 14 Jahren zugelassen. Das gilt auch für die topischen Arzneiformen, in denen Diclofenac in einer Dosierung von zehn Milligramm pro Gramm vorliegt.

Indikationen-- Dazu gehören in der Selbstmedikation unter anderem leichte bis moderate entzündliche Schmerzen des Gelenk- und Muskelapparats. Diclofenac darf nicht zur Fiebersenkung bei banalen Infekten gegeben werden. Vorsicht bei kardiovaskulären Risikopatienten, Patienten mit Asthma oder entzündlichen Darmerkrankungen.

Butylscopolamin

Butylscopolamin gehört ebenso wie die im Folgenden besprochenen Triptane nicht zu den Analgetika im Sinne der strengen Definition. Beide finden jedoch bei spezifischen Schmerzen Anwendung, sodass sie hier nicht fehlen sollen.

Das Spasmolytikum Butylscopolamin entspannt die glatten Muskeln des Magen-Darm-Trakts, der Gallenwege und des Urogenitaltrakts, indem es Muskarin-Rezeptoren hemmt. Mögliche Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit, Verstopfung und Harnverhalt. Die übliche Dosis für Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren sind bis zu dreimal täglich zehn bis 20 Milligramm Butylscopolamin.

Indikation-- Eingesetzt wird der Wirkstoff bei leichten bis mäßig starken Spasmen des Magen-Darm-Traktes für höchstens fünf Tage. Halten die Beschwerden darüber hinaus an, sollte man sie ärztlich abklären lassen.

Grafik: Darreichungsformen von Analgetika


© Foto: Grafik: DAS PTA MAGAZIN / Illustration: Mone Beeck

Eine Vielzahl an Darreichungsformen ermöglicht eine individuelle und altersgerechte Therapie mit Analgetika.

Triptane

Schwere Migräne spricht oft unzureichend auf NSAID oder nichtsaure antipyretische Analgetika an. Hier schaffen Triptane Abhilfe, von denen mit Suma-, Almo- und Naratriptan mittlerweile drei Vertreter rezeptfrei erhältlich sind. Möglicherweise kommt Rizatriptan demnächst dazu. Triptane kontrahieren die im akuten Migräneanfall erweiterten Blutgefäße im Gehirn und blockieren die Freisetzung entzündungsfördernder Botenstoffe.

Sie wirken umso besser, je schneller man sie nach Beginn der Kopfschmerzen einnimmt. Für die Substanzwahl spielen sowohl die Dauer der einzelnen Attacken als auch die Neigung für Wiederkehrkopfschmerzen eine wichtige Rolle.

Triptane sind grundsätzlich gut verträglich, können jedoch auch Blutgefäße außerhalb des Gehirns verengen. Patienten mit koronarer Herzkrankheit, peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Morbus Raynoud sowie nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall scheiden folglich für die Selbstmedikation von vornherein aus.

Die Einzeldosis für Erwachsene beträgt 50 Milligramm Sumatriptan, 12,5 Milligramm Almotriptan oder 2,5 Milligramm Naratriptan. Bei Suma- und Almotriptan müssen zwischen der ersten und zweiten Einnahme mindestens zwei Stunden vergehen, bei Naratriptan vier (längere Wirkdauer). Die Höchstdosis der Triptane innerhalb von 24 Stunden ist auf zwei Tabletten limitiert.

Indikation-- Die Anwendung in der Selbstmedikation setzt eine ärztlich diagnostizierte Migräne mit und ohne Aura voraus.

Wussten Sie, dass ...
  • Schmerzmittel bei älteren Patienten anders wirken?
  • der Magen sich im Alter langsamer entleert und schlechter durchblutet wird?
  • sich dadurch die Resorption oraler Darreichungsformen verlangsamt?
  • dadurch das Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen steigt?
  • der Muskelanteil sinkt und der Gesamtfettanteil zunimmt?
  • fettlösliche Substanzen sich deshalb anreichern können?
  • die Leber- und Nierenfunktion nachlassen?
  • Medikamente infolgedessen verzögert ausgeschieden werden und länger im Körper verbleiben?

Am HV-Tisch

Schmerzmittel gibt es in vielen Darreichungsformen. Wie rasch und lange sie wirken, hängt vom jeweiligen Wirkstoff und der entsprechenden Galenik ab. Langsam freisetzende Arzneiformen (Retard-Formen) wurden (noch) nicht für die Selbstmedikation freigegeben.

Darreichungsformen

Ausschlaggebend für die ideale Darreichungsform sind die Art und Lokalisation des Schmerzes, das Alter sowie patientenindividuelle Präferenzen.

Tabletten und Kapseln-- Tabletten sind feste, einzeldosierte Arzneiformen. Mit einer Zuckerglasur überzogene Tabletten heißen Dragees, oblong geformte Hohlkörper Kapseln. Bis sie sich im Magensaft zersetzen, dauert es eine Weile. Sie fluten daher langsamer im Blut an als Brausetabletten, Säfte oder Pulver. Ihre Wirkung hält dafür etwas länger an.

Granulat und Pulver-- Tabletten und Kapseln sollten optimalerweise mit einem Glas Wasser geschluckt werden. Das verhindert ein Steckenbleiben in der Speiseröhre und erleichtert die Auflösung im Magen. Weil man Wasser unterwegs nicht immer zur Hand hat, wurden Direktgranulate/-pulver in praktischen Einzeldosisbehältnissen entwickelt. Die kleinen Beutel werden nach dem Öffnen direkt in den Mund entleert.

Tropfen und Säfte-- Liquida sind insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern beliebt, aber auch ältere Menschen oder Kunden mit Schluckproblemen profitieren von flüssigen Darreichungsformen. In der Selbstmedikation verfügbare Analgetika liegen stets als Suspension vor. Die in der Flüssigkeit verteilten Partikel sinken nach einiger Zeit auf den Boden, weshalb die Fläschchen, um korrekt zu dosieren, vor jeder Entnahme aufgeschüttelt werden müssen. Paracetamol-Säfte sind ohne Altersbeschränkung rezeptfrei erhältlich, Säfte mit Ibuprofen für Kinder ab dem sechsten Monat.

Zäpfchen-- Suppositorien sind einzeldosierte, formbeständige Zubereitungen, die mit der stumpfen Seite voran in den Mastdarm eingeführt werden. Sie haben eine längliche Torpedoform und schmelzen bei Körpertemperatur. Wegen der Gefahr der Formveränderung und des Verklebens mit der Verpackung sind Zäpfchen vor Temperaturen über 25 Grad zu schützen. Bei kleinen Kindern, Schluckstörungen oder Erkrankungen des Magens sind sie eine gute Alternative zu Peroralia.

Salben, Gele und Wirkstoffpflaster-- Um Schmerzen lokal behandeln zu können, sind einige NSAR als Salben, Cremes oder Gele erhältlich. Dazu gehören prominente Wirkstoffe wie Ibuprofen, Diclofenac und Ketoprofen, aber auch unbekanntere wie Methylsalicylat, Felbinac, Etofenamat, Flufenaminsäure und Piroxicam, die seit langem erfolgreich zur Anwendung kommen. Von Ibuprofen und Diclofenac gibt es auch wirkstoffhaltige Pflaster zum Aufkleben auf die Haut.

Alle topischen NSAR wirken ausschließlich dort, wo sie aufgetragen werden und nicht im gesamten Organismus. Systemische Nebenwirkungen sind somit kaum zu befürchten, wohl aber lokale Reaktionen der Haut. Typische Anwendungsgebiete sind Tendinopathien, Arthritis bzw. Arthrose und stumpfe Traumen. Gute Evidenz gibt es laut einem Cochrane-Review für Diclofenac und Ketoprofen bei akuten und chronischen muskuloskelettalen Schmerzen. In einem britischen Review von 2018 schneiden Diclofenacpflaster bei Osteoarthritis am besten ab, gefolgt von Salben und Gelen mit Ibuprofen und Piroxicam.

Interessenskonflikt: Der Autor erklärt, dass keinerlei Interessenskonflikte bezüglich des Themas vorliegen.

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