Verdacht auf Impfpassfälschung: Eskalation vermeiden

(cnie) Dass Impfpassfälscher auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, musste das Team der Rathaus Apotheke in Hagen (NRW) erleben. Im Dezember griff nämlich ein mutmaßlicher Fälscher eine Mitarbeiterin an und verletzte sie leicht. Inhaber Dr. Christian Fehske erklärt, wie solchen Eskalationen in Zukunft vermieden werden sollen.

10.01.2022

Christian Fehske im HV
© Foto: Privat
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Ein 18-jähriger Mann aus Hamburg – Fehske vermutet, dass er zur Tatzeit unter Drogeneinfluss stand – reagierte äußerst aggressiv, als zwei Apothekenmitarbeiterinnen seine Impfpassfälschung bis zum Eintreffen der Polizei einbehalten wollten. Es kam zu einer Rangelei. Die Fälschung sei äußerst plump gewesen, berichtet Fehske: keine gültigen Chargen, kein Name auf dem Impfpass, außerdem angeblich kein Ausweisdokument zum Abgleich im Original dabei, sondern nur ein Handyfoto des Ausweises.

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Was tun bei einem Fälschungsverdacht?

Damit es zukünftig nicht wieder zu vermeidbaren Eskalationen im HV komme, empfiehlt der Apotheker aus Hagen konfliktvermeidende Kommunikation, z. B. das Prinzip der gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg.

Gebe es einen dringenden Fälschungsverdacht, erläutert Fehske, wäre aus Sicht der Polizei der empfohlene Ablauf so: "Man sollte (nötigenfalls unter einem Vorwand, wie "an diesem Arbeitsplatz funktioniert die Zertifikatserstellung leider gerade nicht, ich versuche es für Sie aber noch mal an einem anderen Arbeitsplatz“ o.ä.) in den Backoffice-Bereich zu gehen und direkt 110 anrufen. Die in wenigen Minuten eintreffenden Streifenpolizisten könnten dann vor Ort den Ermittlungsbedarf feststellen und auf diese Weise auch verhindern, dass mit dem gefälschten Impfpass in anderen Apotheken Täuschungsversuche unternommen werden. 

Gebe es dagegen nur leichte Zweifel an der Authentizität der Impfnachweise, empfiehlt der Apotheker, die Zertifikaterstellung bis zur Klärung hinauszuzögern oder mithilfe von konfliktvermeidender Kommunikation freundlich abzulehnen. Dabei sei alles zu vermeiden, was einen Fälschungsverdacht konkret anspricht („Der scheint mir nicht echt zu sein“ oder „Ich glaube, dass damit etwas nicht stimmt“). Stattdessen sollten die Apothekenmitarbeiter mit der Feststellung beginnen: "Ich kann Ihnen leider kein digitales Impfzertifikat erstellen…“ und dies nachvollziehbar und objektiv begründen.

Fehske rät zu dieser bewährten Begründung: „Diesen Impfpass kann ich so leider nicht digitalisieren, weil die Impfung durch einen Arzt erfolgte, dessen Unterschrift ich nicht kenne. Wir sind als Apotheken angehalten, nur Impfpässe aus dem Umkreis der Apotheke zu digitalisieren, und wir kennen bei uns im Team die Unterschriften so gut wie aller Ärzte in der Stadt. Ich würde Sie daher bitten, für die Digitalisierung zu einer Apotheke in der Nähe des Impfortes zu gehen."

Erneuter Polizeieinsatz wegen Impfpassfälschung

Schon wenige Tage später bewährte sich die Vorgehensweise, als ein mutmaßliches Fälscher-Ehepaar in der Apotheke auftauchte. Die Polizei war wenige Minuten später vor Ort, um die 36-jährige Tatverdächtige zu vernehmen und eine Strafanzeige zu stellen. Der Ehemann der Frau hatte die Apotheke allerdings vor Eintreffen der Polizei verlassen. Fehske und sein Team hoffen auf einen Abschreckungseffekt, denn über die Polizeieinsätze wegen der Impfpassfälscher wurde in der Lokalzeitung und im Radio berichtet.

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