Zeitumstellung neu gedacht

Das erste April-Wochenende sei für die Umstellung im Frühjahr besser geeignet als der letzte Sonntag im März, sagen Jorge Mira von der Universität von Santiago de Compostela und José María Martín-Olalla von der Universität von Sevilla. Dann würden günstigere morgendliche Lichtverhältnisse für einen guten Start in den Tag sorgen.
Starte die Sommerzeit zu früh, werde ein größerer Anteil der menschlichen Aktivitäten in die dunklen Morgenstunden verlegt, argumentieren die Forscher laut einem Bericht der Deutschen Presseagentur (dpa) weiter.
Gleiches gelte für die Winterzeit, wenn diese zu spät starte. Aus physiologischer Sicht sei es sinnvoll, Anfang Oktober zur Winterzeit zurückzukehren statt wie bisher üblich erst Ende Oktober.
In diesem Jahr werden die Uhren am 30. März um eine Stunde vor- und am 26. Oktober wieder zurückgestellt.
Es geht nicht um Energie sparen
Über die Zeitumstellung werde derzeit falsch diskutiert. Davon sind die beiden spanischen Forscher überzeugt. Der Lebensrhythmus der Menschen werde dadurch in Bezug auf die Sonne keineswegs verschoben. Im Gegenteil: Durch die Umstellung werde der morgendliche Beginn aller Aktivitäten wieder an den Sonnenaufgang angepasst.
„Das Problem ist, dass sie (die Zeitumstellung) in den letzten Jahren nur noch mit Energieeinsparung in Verbindung gebracht wurde, obwohl es sich in Wirklichkeit um einen natürlichen Anpassungsmechanismus handelt“, wird Martín-Olalla in der dpa-Meldung zitiert. Die spanische Nationalversammlung habe diese Art saisonaler Anpassung bereits im Jahr 1810 vorgenommen. „Das soziale Leben wird einfach umorganisiert, weil die Länge des Tages im Sommer es ermöglicht, die Dinge am Morgen früher zu erledigen als im Winter“, erklärte Martín-Olalla.
In einstigen medizinischen Stellungnahmen zur saisonalen Sommerzeit sei zudem das dringende Bedürfnis der Menschen nach mehr Licht, Luft und Sonnenschein betont worden, bemerken die beiden Forscher. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen habe vielfach im Vordergrund gestanden – und nicht etwa wirtschaftliche Fragen. Die Sommerzeit in Italien zum Beispiel sei 1964 begleitet von Bemerkungen über die psychologischen Verbesserungen eingeführt worden.
Verzerrte Risiko-Nutzen-Bilanz
Der größte Nachteil der Zeitumstellung sind Probleme, die mit der Übergangszeiten verbunden sind, sagen die spanischen Forscher. Der in Studien dokumentierte kurzfristige leichte Anstieg von Schlafstörungen, des Risikos für Unfälle oder Herzinfarkte zum Beispiel sei jedoch gering, verglichen mit dem Einfluss zahlreicher anderer Faktoren.
Vielfach sei zudem die Methodik solcher Studien fraglich, schreibt das Forscherduo. Stellungnahmen und Analysen etwa von Chronobiologen oder Schlafmedizinern seien oft ausschließlich auf Nachteile fixiert und ignorierten die heute oft vergessenen positiven Aspekte eines näher am Sonnenaufgang liegenden Arbeitsbeginns.
Ein Plus an Tageslichtstunden
Bei der Forderung nach einem Ende der Zeitumstellung sei zudem zu bedenken, dass die Abschaffung weit schlimmere Folgen haben könnte als die Umstellung selbst: Mit der Umstellung auf die Sommerzeit gewönnen die Menschen Tageslichtstunden für Freizeitaktivitäten, für Spaziergänge, Sport draußen oder ein paar Stunden am Strand - was Wohlbefinden und Gesundheit fördert. „Wenn der Tag gleichmäßig in Schlaf, Arbeit und Freizeit aufgeteilt ist, macht eine Stunde 12,5 Prozent der verfügbaren Freizeit aus.“
Nur Sommerzeit ist keine Alternative
Ein weiterer Aspekt: Schlafmediziner plädierten zwar für eine Abschaffung der Sommerzeit, wie die Forscher ausführen. In der Bevölkerung sei die gängige Vorliebe aber eine andere: Viele Menschen liebten die jetzige Situation im Sommer und genössen ihre längere Freizeit bei Tageslicht. In Umfragen vor die Wahl zwischen dauerhafter Sommer- oder Winterzeit gestellt, setzen sie überwiegend auf erstere.
Doch auch eine ewige Sommerzeit widerspreche der menschlichen Physiologie, erklärte Mira. Mediziner weisen darauf hin, dass Menschen das blaue Licht der Sonnenstrahlung brauchen, um wach zu werden. Lehrerverbände kritisieren, dass Schülerinnen und Schüler ihren Schulweg ohne die Umstellung auf Winterzeit an wesentlich mehr Tagen im Dunklen zurücklegen müssten.
Quelle: dpa