Lebensmittel: Siegel hinterfragen

- Lebensmittelsiegel und -logos stellen bestimmte positive, geprüfte Eigenschaften eines Produktes heraus.
- Sie ermöglichen es Verbrauchern, sich beim Kauf bewusst für eine bestimmte Qualität, Herkunft oder Erzeugermethode zu entscheiden.
- Zu den bekanntesten Kennzeichnungen zählen der Nutri-Score, das MSC- und das Fairtrade-Siegel sowie das Bio-Siegel bzw. EU-Bio-Logo.
- Empfehlenswert ist, sich über Vergabekriterien und Prüfverfahren genau zu informieren.
Lebensmittelsiegel sind Symbole, die bestimmte positive, geprüfte Eigenschaften eines Produktes herausstellen und von Verbrauchern häufig als Qualitätsmerkmal wahrgenommen werden. Sie ermöglichen es, sich bewusst für eine bestimmte Qualität, Herkunft oder Erzeugermethode zu entscheiden.
Doch blind vertrauen sollte man den Kennzeichnungen nicht. Es handelt sich in der Regel um freiwillige Angaben der Hersteller. Nur wenige basieren wie beispielsweise das EU-Bio-Logo auf gesetzlich festgelegten Kriterien. Siegel und Logos werden häufig von Vereinen vergeben, die Anforderungen, Vergabe- und Kontrollkriterien oftmals selbst festlegen.
Sinnvoll ist es daher, sich im Vorfeld zu informieren, beispielsweise, indem man recherchiert, wer das Siegel vergibt und welche Prüfverfahren zugrunde gelegt wurden.
Wichtiges Marketinginstrument
Denn Hersteller nutzen Siegel nicht nur, um die besondere Qualität ihres Produkts herauszustellen. Sie wollen damit auch die Aufmerksamkeit und das Vertrauen der Verbraucher gewinnen. Und das funktioniert: So zeigen Studien, dass Konsumenten eher zu Lebensmitteln mit Siegeln greifen als zu solchen ohne. Auch sind sie bereit, für diese Produkte einen höheren Preis zu bezahlen.
Ausgewählte Siegel
Mittlerweile gibt es rund 1.000 verschiedene Lebensmittelsiegel. Nachfolgend stellen wir einige wichtige vor.
Nutri-Score
Zusätzlich zur verpflichtenden Nährwerttabelle können Hersteller seit 2020 freiwillig den Nutri-Score abdrucken, auch bekannt als „Nährwert-Ampel“. Dabei handelt es sich um eine wissenschaftliche Bewertung der enthaltenen Nähr- und Inhaltsstoffe auf Basis eines Algorithmus. Positiv bewertet werden beispielsweise hohe Gehalte an Ballaststoffen, Proteinen sowie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten, negativ dagegen hohe Mengen an Zucker, Salz, gesättigten Fettsäuren und Energie. Das Ergebnis wird mit einer Kombination aus fünf Farben und Buchstaben (A bis E) dargestellt: Je höher der Grünanteil, desto positiver, je größer der Rotanteil, desto negativer ist das Lebensmittel zu werten.
Sinnvoll?-- Der Nutri-Score kann helfen, gesunde Lebensmittel auszuwählen. Dank der Ampelfarben ist es leicht, die Nährwertzusammensetzung auf einen Blick und ohne tie- fer gehendes Ernährungswissen schnell zu bewerten. Dazu trägt bei, dass der Nutri- Score gut sichtbar auf der Vorderseite der Verpackung abgedruckt ist.
Aber Achtung! Der Vergleich verschiedener Lebensmittel über den Nutri-Score ist nur innerhalb einer Produktgruppe oder für Lebensmittel mit gleichem Verwendungszweck sinnvoll. So kann zum Beispiel eine Salami- mit einer Gemüsepizza verglichen werden, nicht aber Zitronenlimonade mit Erdbeerjoghurt.
MSC-Siegel
MSC steht für Marine Stewardship Council. Der Rat (Council) legt Anforderungen an nachhaltige Praktiken für den Fang von Meereswildfisch fest. Fischereibetriebe, die auf freiwilliger Basis nach den Standards arbeiten, müssen drei Grundprinzipien erfüllen: Es werden nur Bestände befischt, die in einem gesunden Erhaltungszustand sind, die Auswirkungen auf andere Arten und das Meeresökosystem werden möglichst minimiert (Stichwort: möglichst geringer Beifang), und wissenschaftliche Vorgaben und geltende Gesetze werden eingehalten. Weltweit arbeiten derzeit knapp 600 Wildfangbetriebe nach den MSC-Standards.
Sinnvoll?-- Die MSC-Standards sollen dazu beitragen, die Fischbestände als Nahrungsgrundlage für den Menschen zu erhalten und Meeresökosysteme zu schützen. Umweltverbände und Verbraucherschützer kritisieren jedoch, dass sie in Teilen zu schwach oder unklar formuliert und Kontrollen nicht streng genug sind. Trotz (blauem) MSC-Siegel raten sie vom Verzehr einiger Fischarten (z. B. Makrele) ab. Orientierung bietet zum Beispiel der Ratgeber „Guter Fisch“ zum nachhaltigen Fischkauf der Verbraucherzentralen Berlin und Hamburg.

© Foto: Jevtic / Getty Images / iStock
Jedes in Deutschland angebotene Bio-Lebensmittel muss umfangreiche Vorschriften erfüllen. Ob diese eingehalten werden und die verpackte Bio-Wurst zum Beispiel zu Recht das EU-Bio-Logo trägt, wird regelmäßig von staatlichen Kontrollstellen überprüft.
Bio-Kennzeichnung
Für alle vorverpackten Biolebensmittel mit einem Verarbeitungsschritt in der Europäischen Union (EU) ist das 2010 eingeführte EU-Bio-Logo (Euro-Blatt auf grünem Hintergrund) auf dem Etikett Pflicht. Auf unverpackten Biolebensmitteln und solchen, die aus Drittländern in die EU eingeführt werden, kann das Logo freiwillig aufgebracht werden. Parallel dazu können zertifizierte Hersteller freiwillig das ältere deutsche sechseckige Bio-Siegel nutzen.
Für die Verwendung des EU-Bio-Logos gelten eine Reihe von Produktions- und Haltungsstandards. Unter anderem müssen die Zutaten zu mindestens 95 Prozent aus ökologischem Landbau stammen, die restlichen fünf Prozent unterliegen strengen Regelungen. Chemische Pflanzenschutzmittel, Kunstdünger, gentechnisch veränderte Organismen und bestimmte Zusatzstoffe sind tabu. Die Codenummer in der Nähe des Logos verweist auf die zuständige Kontrollstelle.
Sinnvoll?-- Seit Inkrafttreten der EU-Öko-Verordnung 2092/91 sind die Begriffe „öko“ und „bio“ im Lebensmittelbereich EU-rechtlich geschützt. Sie werden synonym verwendet, und Verbraucher können sicher sein, dass Produkte mit dem Bio-Siegel beziehungsweise dem EU-Bio-Logo auch bio sind. Die eindeutige Kennzeichnung vermeidet eine Irreführung, erhält das Vertrauen in Biolebensmittel und erleichtert Behörden die Kontrollen.
Kritiker bemängeln, dass die Standards für das EU-Bio-Logo und das deutsche Bio-Siegel nicht streng genug sind. Bioverbände vergeben zusätzlich eigene Label mit Anforderungen, die zum Teil weit über die der EU hinausgehen (z. B. demeter).
Fairtrade-Siegel
Der Begriff „fair“ ist nicht gesetzlich geschützt, es gibt daher eine Vielzahl an Siegeln. Eines der bekanntesten weltweit ist das Siegel von Fair- trade International e. V. Es befindet sich zum Beispiel auf Kaffee, Kakao, Tee, Gewürzen und daraus hergestellten Produkten (z. B. Schokolade) und bedeutet, dass Produzenten und Unternehmen international vereinbarte Standards erfüllen, die unabhängig geprüft und zertifiziert werden.
Abseits von schwankenden Weltmarktpreisen und ausbeuterischem Zwischenhandel garantiert die globale Organisation Kleinbauern und Arbeitern in armen Ländern in langfristigen Verträgen einen Mindestpreis, gewährleistet Prämien und Vorfinanzierungen und achtet auf das Verbot von Kinderarbeit. Für die Vergabe des Siegels auf nationaler Ebene ist Fairtrade Deutschland e. V. verantwortlich.
Sinnvoll?-- Verbraucher erwarten, dass Lebensmittel mit dem Fairtrade-Siegel komplett aus fair gehandelten Zutaten bestehen. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Monoprodukte (z. B. Tee) müssen tatsächlich zu 100 Prozent fair sein, um das Fairtrade-Siegel tragen zu dürfen. Bei Mischprodukten (z. B. Schokolade) sieht es etwas anders aus. Hier müssen die Zutaten lediglich zu mindestens 20 Prozent aus dem fairen Handel stammen. Bei Kakao, Tee, Zucker und Orangensaft dürfen zudem konventionell und fair gehandelte Rohstoffe gemischt werden. Eine Fair- trade-Schokolade kann demnach konventionellen Kakao und Zucker enthalten, umgekehrt kann eine konventionelle Schokolade fair gehandelte Rohstoffe enthalten.
Damit soll die Nutzung fair gehandelter Rohstoffe erleichtert werden. Denn nicht immer reichen Produktionsmengen aus, um zum Beispiel Kakao für eine ganze Fabrikladung Schokolade zu liefern. Den Fairtrade-Kakao getrennt von konventionellem zu verarbeiten, wäre jedoch logistisch und finanziell nicht sinnvoll. Fällt ein Produkt unter diese Regelungen, ist es mit dem Fairtrade-Siegel mit (schwarzem) Pfeil versehen. Die entsprechenden Informationen, beispielsweise zum Mindestanteil, finden Verbraucher dann auf der Rückseite der Verpackung.